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RKI überlegt einen Namenswechsel



Nicht nur seit Rumpelstilzchen wissen wir um die Bedeutung von Namen.

Die DDR bediente sich dieses Wissens und änderte Namen und Straßen entsprechend ihrem Weltbild um. Nach der Wende wurde vieles wieder zurückgeändert.
Auch in Regensburg herrscht noch immer eine rege Diskussion, Straßen, Schulen und Plätze von Namen aus der Nationalsozialistischen Zeit zu befreien.

Auch das RKI macht sich jetzt Gedanken über seinen Namensgeber: Robert Koch.
Robert Koch entwickelte in den 1880er Jahren mit staatlichen Mitteln Tuberkulin, ein Heilmittel gegen Tuberkulose. Damals starben durch Tuberkulose von sieben Menschen einer. Nach einer Massenimpfung mit diesem Mittels verstarben noch mehr.
Auch eine Weiterentwicklung von Tuberkulin brachte keine Erfolge.
Robert Koch wandte sich dann anderen Forschungen zu und bekam dafür 1908 den Nobelpreis.
Von so einem wissenschaftlichen Vorgehen will sich das Robert Koch Institut als zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und –prävention distanzieren und erwägt eine Umbenennung.

Vorschläge aus der Bevölkerung werden entgegengenommen:
Robert Koch-Institut
Nordufer 20
13353 Berlin

 




HINTERGRUND:

Tuberkulin-Skandal

Zu Kochs Zeiten starb etwa jeder siebte Deutsche an Tuberkulose. Die Öffentlichkeit hatte auch deswegen euphorisch auf die Entdeckung des Erregers reagiert, weil sie damit die Hoffnung auf ein Heilmittel verband.
Auf dem „Zehnten Internationalen Medizinischen Kongress“ 1890 in Berlin – die Tagung fand im eigens dafür umgebauten Circus Renz statt – stellte Koch plötzlich ein Heilmittel vor, das er Tuberkulin nannte. Koch wurde das Großkreuz des Roten Adlerordens verliehen.
Der Sozialhygieniker Alfred Grotjahn hat beschrieben, wie Tuberkulin in Greifswald eintraf: „Auch für Greifswald kam endlich der große Tag, an dem in der inneren Klinik die ersten Impfungen mit Tuberkulin vorgenommen werden sollten. Es wurde begangen wie etwa eine Grundsteinlegung oder eine Denkmalsenthüllung. Lorbeerbäume bildeten den Hintergrund, von dem sich Ärzte, Schwestern und Patienten in schneeigem Weiß und der Chef in schwarzen Bratrocke abhoben: Festrede des Internisten, Vollzug der Impfungen an auserwählten Kranken, donnerndes Hoch auf Robert Koch!“
Koch versuchte, aus seiner Entdeckung kommerziellen Gewinn zu schlagen, was ihm übelgenommen wurde, da er mit staatlichen Mitteln an einem staatlichen Institut geforscht hatte. Vom Kultusministerium forderte er ein eigenes Institut ausschließlich zur Produktion von Tuberkulin und veranschlagte den jährlich zu erwartenden Gewinn auf 4,5 Millionen Mark. Auch deutete er an, dass ihm bereits Angebote aus den USA vorlägen.
Dass Menschen empfindlich mit Fieber, Gelenkschmerzen und Übelkeit auf Tuberkulin reagierten, beunruhigte ihn nicht.
Nachdem Tuberkulin auf dem Markt war, häuften sich in der Fach- und Publikumspresse zunächst Berichte über Heilerfolge, dann folgten erste Meldungen von Todesfällen. Sie wurden noch nicht allzu ernst genommen, weil die Ärzte immerhin mit schwerkranken Patienten experimentierten. Rudolf Virchow gelang es jedoch, bei der Obduktion von Leichen nachzuweisen, dass Tuberkulin die Bakterien nicht abtötete und latent vorhandene Bakterien sogar aktivierte. Robert Koch sah sich gezwungen, die Zusammensetzung seines Geheimmittels aufzudecken, wobei sich herausstellte, dass er selbst nicht genau wusste, was es enthielt.
Koch ließ sich vom preußischen Kultusminister beurlauben und fuhr nach Ägypten, was ihm als Flucht vor der deutschen Öffentlichkeit ausgelegt wurde. Im Preußischen Abgeordnetenhaus fand im Mai 1891 eine erregte Debatte statt. Koch blieb weiterhin vom Wert seines Heilmittels überzeugt und präsentierte 1897 ein abgewandeltes Tuberkulin, das als Therapeutikum aber ebenfalls wertlos war. Dies und zahlreiche andere Indizien weisen darauf hin, dass Koch nicht einen „Tuberkulinschwindel“ begehen wollte, wie ihm damals häufig vorgeworfen wurde, sondern er sich selbst getäuscht hatte.
Der Tuberkulin-Skandal wurde allgemein als Warnung verstanden, wie man beim Testen von Arzneimitteln nicht vorgehen sollte. Als Emil von Behring 1893 sein Diphtherie-Antitoxin vorstellte, waren dem langwierige klinische Tests vorangegangen und das Serum wurde – begleitet von einer kritischen Diskussion in der Fachöffentlichkeit – nur langsam in die Praxis eingeführt. Auch Paul Ehrlich ging 1909 bei der Einführung des ersten synthetisch hergestellten Chemotherapeutikums gegen eine Infektionskrankheit, Salvarsan , auffällig vorsichtig vor.

Koch begründete im deutschsprachigen Raum die Vorstellung, dass Bakterien gefährlich seien. Sie wurde etwa durch die „Allgemeine Deutsche Ausstellung auf dem Gebiete der Hygiene und des Rettungswesens“ in Berlin verbreitet, auf der Koch 1882/1883 die Gefahr mit Bakterienfotos beglaubigte. Vor allem das Bürgertum begann, einen „hygienisch sauberen“ Lebensstil anzunehmen. Dabei blieben Bakterien für Laien genauso unsichtbar, wie es zuvor die Miasmen gewesen waren. In Frankreich nahm die Mikrobiologie unter dem Einfluss von Louis Pasteur eine andere Richtung, die eher die Nützlichkeit von Mikroben – etwa bei der Herstellung von Käse, Brot oder Wein – betonte. In Deutschland galten solche Prozesse unter dem Einfluss von Justus von Liebig noch lange als rein chemische Prozesse.
Die Schule von Koch hatte viele Erfolge bei der Isolierung und Identifizierung von Krankheitserregern und legte bei der öffentlichen Gesundheit Wert auf Hygiene-Maßnahmen. Außerdem vertrat sie eine Doktrin der Unveränderlichkeit der Mikroben, während die Pasteur-Schule aufgrund von Erfolgen bei Impfungen mit abgeschwächten Erregerstämmen deren Veränderlichkeit hervorhob.

Robert Koch, Louis Pasteur und Antoine Béchamp, drei Wissenschaftler und drei grundlegend verschiedene Theorien zu Bakterien und Viren.


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